29. Dezember 1926
Heute vor 85 Jahren starb Rainer Maria Rilke und ich möchte seiner, mit einem meiner Lieblingsgedichte, gedenken.
Zum Einschlafen zu sagen
Ich möchte jemanden einsingen,
bei jemandem sitzen und sein.
Ich möchte dich wiegen und kleinsingen
und begleiten schlafaus und schlafein.
Ich möchte der Einzige sein im Haus,
der wüßte: die Nacht war kalt.
Und möchte horchen herein und hinaus
in dich, in die Welt, in den Wald.
Die Uhren rufen sich schlagend an,
und man sieht der Zeit auf den Grund.
Und unten geht noch ein fremder Mann
und stört einen fremden Hund.
Dahinter wird Stille. Ich habe groß
die Augen auf dich gelegt;
und sie halten dich sanft und lassen dich los,
wenn ein Ding sich im Dunkel bewegt.
Aus: Das Buch der Bilder
Elisabetta1 - 29. Dez, 08:10
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Sehr schön!
PS.
Ich bekomme seit gestern andauernd
"Error in application twoday_net
Maximum Thread count reached."
Die Interpretation von Rilkegedichten,...
Ja, twoday.net hat manchesmal Ausfälle, die ich besonders dann schlimm finde, wenn ich einen (relativ langen) Text geschrieben habe, diesen noch nicht gesichert und dann die Erklärung bekomme, daß ich die Zeit überzogen habe (was immer damit gemeint ist) ;-(
Mir ist die Interpretation von Fachleuten schnurzegal, denn ich versuche, mich in die Melodie der Worte hineinzuversetzen; tatsächlich erfasst man oft mit dem Herzen Lyrik besser als mit dem Verstand. Ein Gedicht ist für mich gut, wenn es mein Inneres berührt, noch bevor ich es eventuell zu analysieren begonnen habe.
Rilke ist (für mich) melodischer, von einer gewählten Ausdrucksweise, aber eben auch nicht einfacher zu interpretieren.
Ihre Worte, daß man Lyrik mit dem Herzen oft besser erfasst, als mit dem Verstand, die kann ich vorbehaltlos unterschreiben - so ergeht es mir auch.